Die Herde Coburger Fuchsschafe auf der Streuobstwiese

Coburger Füchse erhalten die Artenvielfalt am Keuperstufenrand

Seit 28 Jahren hält Dietmar Stenger schon Schafe in Adolzfurt (Gemeinde Bretzfeld) im landschaftlich sehr reizvollen Brettachtal, Teil des Keuperberglandes. Genauer gesagt Coburger Fuchsschafe, eine alte robuste Landschafrasse, die vor wenigen Jahrzehnten noch vom Aussterben bedroht war.

Die „Coburger Füchse“ zeichnen sich durch eine rotbraune Fellfärbung bei den Jungtieren aus, die sich innerhalb des ersten Lebensjahres aber zunehmend ins Goldgelbe aufhellt. Auch die Beine und der Kopf sind rotbraun gefärbt, wie bei einem Fuchs eben. Was ursprünglich mit einer kleinen Schafherde als naturgemäße Beschäftigung für seinen ersten Border Collie begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einer stattlichen Schafsherde entwickelt. Aktuell hütet der Schäfer 100 Mutterschafe und rund 60 Lämmer, die vor allem längst vergessene Streuobstwiesen in Hanglage beweiden und so zur Landschaftspflege in der Hohenloher Kulturlandschaft beitragen.

Schäfer Dietmar Stenger beim Stecken des Weidezaunes
Schäfer Dietmar Stenger beim Stecken des Weidezaunes.

Ein wichtiger Beitrag zur Landschaftspflege

Die Wiesen, die Dietmar Stenger mit kleineren Gruppen seiner Schafe immer nur wenige Tage am Stück beweidet, sind kleinparzellig und landwirtschaftlich schwer nutzbar. Sei es die Hanglage, die nur eine eingeschränkte Bewirtschaftung mit Maschinen zulässt oder der alte Obstbaumbestand zwischen den Weinlagen – viele Wiesen würden wohl brachliegen und zunehmend verbuschen, würden nicht die „Coburger Füchse“ hier wertvolle Arbeit leisten und die Landschaft offenhalten. Die Schafe fressen einen Großteil des Grasaufwuchses mit seinen Wildkräutern und –blumen zuverlässig ab. Auch natürlich aufkommende Gehölze wie Schlehen und Zwetschgen werden von den Tieren gerne gefressen, so dass nur wenig Fläche von Herrn Stenger im Anschluss an die Beweidung nachgemäht werden muss. Durch diese extensive Beweidung in Kleingruppen wird die Artenvielfalt auf den blumenreichen Wiesen gefördert und Biotope miteinander verbunden. Im Fell der Tiere und natürlich auch über den Kot werden Samen und kleine Insekten von Wiese zu Wiese transportiert und es findet ein Austausch statt. Nur bei einer regelmäßigen Beweidung oder Mahd mit Abräumung des Mähgutes erhalten wir auf Dauer diese artenreichen Blühwiesen, die auch für die Insektenwelt äußerst wertvolle Lebensräume darstellen.

Die Herde Coburger Fuchsschafe auf der Streuobstwiese
Die Herde Coburger Fuchsschafe auf der Streuobstwiese.

Nur Brombeerranken und Brennnesseln mögen die Schafe nicht gerne, auch das Rebgras „Taube Trespe“ (Bromus sterilis) wird von den Schafen eher verschmäht. Coburger Fuchsschafe sind in mancher Hinsicht halt Feinschmecker. „Ich treffe keine Aussage mehr über ihre Geschmacksvorlieben“, sagt Herr Stenger nicht ohne ein Schmunzeln im Gesicht, „mal putzen sie zuerst den Rotklee weg und mal lassen sie ihn komplett links liegen und fressen stattdessen das hohe Gras. Das weiß man nie so genau!“ Auch die Rinde der Streuobstbäume wird gerne mal angeknabbert von einigen besonders kulinarisch versierten Exemplaren. Diese Gruppe von Fuchsschafen wurde von ihm passenderweise „Die Biber“ getauft und darf nur noch auf Weiden, auf denen die Obstbäume mit einem besonders hohen Drahtzaun gegen den Verbiss geschützt sind. Denn die alten hochstämmigen Apfel-, Birnen- und Kirschbäume sollen auf jeden Fall erhalten bleiben, die Coburger Füchse müssen sich wohl mit den Wildkräutern zufriedengeben!

Die tägliche Arbeit des Schäfers

Ist eine Wiese abgeweidet, zieht Herr Stenger mit seinen Schafen zu Fuß weiter zur nächsten. Dabei sind seine beiden Border Collies Rauni und Pio ihm eine große Hilfe. Die Hunde arbeiten sehr zuverlässig und eifrig. Leise Kommandos des Schäfers genügen und sie treiben die Herde zusammen und vorwärts. So lassen sich die zum Teil mehrere Kilometer langen Strecken zwischen den Weiden auch mit über 40 Schafen noch sicher bewerkstelligen. Die Arbeit eines Schäfers ist generell körperlich anstrengend und zeitintensiv, da muss man mit Herz und Seele dabei sein. Morgens um 7 Uhr beginnt die tägliche Runde, bei der Herr Stenger nach den Tieren schaut und gewissenhaft die mobilen Weidezäune kontrolliert. Die Sorge um die Tiere ist eigentlich ständig präsent, nicht nur im Frühjahr zur Lammzeit. Es darf sich kein Tier im Zaun verfangen haben oder die Tränken umgestoßen sein. Auch auf unvorhergesehene Ereignisse muss der Schäfer immer wieder schnell reagieren. Ein Zwischenfall mit einem freilaufenden Hund ist Herrn Stenger besonders nahegegangen. Die Abdrücke, die der Hund beim Überspringen des Weidezaunes hinterlassen hatte, waren gut sichtbar in der nassen Wiese. Die aufgeschreckte Herde ist damals voller Panik durch den Zaun gebrochen und mehrere Kilometer weit geflüchtet. Zum Glück ist dabei aber kein Tier oder Mensch, insbesondere die Autofahrer auf der nahen Landstraße, zu Schaden gekommen. „Wir Schäfer sind auf das Verständnis der Mitmenschen angewiesen. Bitte leinen Sie ihre Hunde an und öffnen Sie niemals einfach die Weidezäune,“ appelliert Herr Stenger eindringlich. Am späten Nachmittag wiederholt er die Kontrollrunde noch einmal und vergewissert sich, dass auf den Weiden alles in Ordnung ist. Schließlich stehen die Coburger Fuchsschafe auch nachts auf der Weide, bei nahezu jeder Witterung und das ganze Jahr über. Ihr dichtes Fell mit der wärmenden Unterwolle hält die Tiere auch bei niedrigen Temperaturen stets warm und trocken.

Border Collie Rauni treibt die Herde zusammen
Border Collie Rauni treibt die Herde zusammen.

Vermarktung und Einkommen

Die Vermarktung des Lammfleisches, der Felle und Wolle betrieb Herr Stenger eine Zeit lang über den Verein Hohenloher Schäfer e.V. und engagiert sich dort auch als zweiter Vorsitzender. Das Fleisch des Coburger Fuchsschaf ist bei Feinschmeckern sehr geschätzt und wird über den Verein unter anderem an die regionale Gastronomie verkauft. Mittlerweile vertreibt Herr Stenger als landwirtschaftlicher Direktvermarkter Wurst- und Fleischprodukte seiner Lämmer selbst an die Kunden, ein Teil der Lämmer wird über den regionalen Viehhandel vertrieben. Die Vermarktung der Produkte bzw. der Tiere alleine deckt aber kaum die entstandenen Kosten der Schäfer, denn die Unterhaltungskosten haben sich wie alles andere auch immer weiter verteuert. Die Landschaftspflegeverträge, die über den Landschaftserhaltungsverband (LEV) mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt abgeschlossen werden können, leisten hier einen wesentlichen Einkommensbeitrag und tragen zum Erhalt der Schäferei in Hohenlohe bei. Denn die Schäfer, die mit ihren Tieren von Weide zu Weide ziehen, die Landschaft offenhalten und zur Artenvielfalt unserer Blühwiesen beitragen, sind für die Landschaftspflege auch in Zukunft einfach unersetzlich!